Open Password - Mittwoch, den 5. Juli 2017
# 220
SVP-Fachtagung – Prognosen – Silke Bromann – Matthias Horx – Omline – Technologieentwicklungen - Nicolai Anderson – Deloitte – Produktinnovationen - Patrick Bernau – FAZ-Online – Fehlprognosen - FAZ.NET-Orakel - Schloss Mespelbrunn – Lancelot-Text – Frankfurter Allgemeine – TIB – Sören Auer
Quo Vadis Zukunft?
Vom bewussten Gleichgewicht
mit digitalen Helfern
… und von weiteren Möglichkeiten,
Zukunft zu erkennen und zu gestalten
Von Silke Bromann
11. SVP-Fachtagung „Quo Vadis Zukunft?“ in Heidelberg. Leider gibt es keine magische Glaskugel, um politische, Markt- und technologische Entwicklungen vorherzusehen. Was können wir stattdessen tun? Zukunftsprognosen waren das Leitthema der SVP-FachkonferenzHeh, die der Market-Intelligence-Dienstleister für Kunden und Interessierte veranstaltete.
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Zukunftsexperte Horx: Die Alarmanlage durch den Hund ersetzen?
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Zugpferd des Events war der bekannte Zukunftsforscher Mathias Horx, dessen Institut Prognosen für wirtschaftliche und politische Akteure erstellt. Sein Vortrag kreiste um Megatrends, die es von kurzfristigen Moden zu unterscheiden gelte. Als grundsätzliches Muster bei der Abfolge von Trends hat der Zukunftsexperte herausgearbeitet: Auf einen Trend folgt ein Gegentrend und aus beiden heraus eine „Synthese“ von „These“ und „Antithese“ auf einer höheren Ebene. Dazu zwei Beispiele. Dem Veganismus steht eine starke Betonung des Fleischkonsums gegenüber, die sich in Themenzeitschriften rund um hochwertiges Fleisch und dessen Genuss zeigt. Als Synthese gelten die „Flexitarier“, bei denen es nicht jeden Tag Fleisch sein muss. Wenn das Steak auf den Tisch kommt, dann in hoher Bio-Qualität. Ein weiteres Beispiel ist „Omline“: Ein Wortspiel aus „ommmm…“ und „online“. „Omline“ ist derjenige, der bewusst im Gleichgewicht mit seinen digitalen Helfern lebt, sich also auch eine Auszeit von Smartphone und Co. nehmen kann.
Dieses Modell hat Horx in der Hauptsache auf Technologieentwicklungen angewandt. Hier stehen Treiber (Macht, Effektivität, Mobilität, Kontrolle) Beharrungskräften gegenüber (Systembeharrung, Vorstellung von Ethik und Emotionen, Kontrollverlust, Komplexitätsüberschuß). Hierzu zeigte Horx das Werbevideo eines innovativen Haushaltsgeräteherstellers, in dem von einem Backofen, ausgestattet mit Rezeptprogrammen mit einer Garantie des Gelingens und Remote-Unterstützung, geschwärmt wurde. Das Konzept fiel vor allem bei den anwesenden Damen durch. Wer regelmäßig und gerne kocht, kann sich eher nicht vorstellen, dass die Programme dieses Herstellers dem Herd wirklich ein besseres Mahl entlocken.
Horx war mit seinen Nachrednern in mindestens einem Punkt einig: Der Mensch werde auch in Zukunft trotz allem technologischen Fortschritt im Mittelpunkt stehen. In seinem experimentellen Heim in der Nähe von Wien probiert Horx die Trendtechnologien selbst aus. Dort schlug die Alarmanlage jedes Mal an, wenn Nachbarn oder Verwandte zu Besuch kamen, da die Anlage deren Stimmen nicht registriert hatte. Inzwischen hat seine Familie die Anlage durch einen Hund ersetzt. Die Beziehungen zwischen den Lebewesen müssten stimmen, ansonsten nütze alle Technologie nichts.
Die Autorin hätte sich mehr Informationen zur Methodik gewünscht, wie also Horx und seine Mitarbeiter zu ihren Ergebnissen kommen. Einiges kam immerhin zwischen den Zeilen durch. Es sollten möglichst viele Blickwinkel in die Erstellung der Prognose einfließen – durch die Personen, die einem Projekt angehören, und durch die Heranziehung von Resultaten aus mehreren Disziplinen. Verzerrungen durch die eigenen Voreingenommenheiten und Prägungen, beispielsweise die Vorstellungen zur Familienpolitik ebenso wie zur „Zukunft der Arbeit“, nicht zuletzt die eigene Einstellung zu technologischen Entwicklungen, etwa zu Robotern, seien so weit wie möglich zu eliminieren. Hier stellte Horx die These auf : „Je mehr jemand Experte ist, desto mehr liegen er oder sie bei Zukunftsvorhersagen daneben.“